Mehr zufällig, über den Besuch eines Freundes, bin ich auf die Gorki Apartments im beliebten Berlin-Mitte aufmerksam geworden. Und ich bin total begeistert! Das Thema 'Bauen im Bestand' ist hier auf höchst sensible Weise umgesetzt worden und der Innenausbau mit seinem Nebeneinander von modernem Interior und Altbauelementen aus der Gründerzeit, sehr gelungen.
Aber nicht nur Architektur und Innenarchitektur fallen mir positiv auf. Bei einer Hausführung mit dem sympathischen Direktor Peter Ehrlich und einem Gespräch mit der Architektin, erfahre ich auch mehr über das ungewöhnliche Konzept des Hotels.
Das Konzept
Die deutsch-französische Architektin Sandra Pauquet, deren Schwerpunkt sich in den letzten Jahren auf anspruchsvolle Innenausstattungen verlegt hat, entwickelte die Idee alle 34 Apartments ganz unterschiedlich einzurichten und an Stelle von Zimmernummern Namen einzusetzen, die auch für Besucher -wie bei einem richtigen Mietshaus- auf der Klingelanlage ablesbar sind.
Ihre Vision war die eines Hotels, in dem man sich wohl und ungezwungen fühlt, ganz wie zu Hause; wo man mit Laptop, Rotwein und Käseplatte am Küchentisch sitzen kann und die Raumfunktionen sich vermischen und nicht mehr versteckt werden müssen; bei dem verschiedene Geschmäcker aufeinander treffen und sich harmonisch verbinden.
Nun kann der Gast -wie der Bewohner eines luxuriösen Mietshauses- ungestört und unerkannt unter Pseudonym residieren und zwischen zwölf verschiedenen Grundtypen und zwei Penthouses wählen.
Um den Mietshaus-Charakter noch zu verstärken wurde das Treppenhaus bewusst reduziert und unpersönlich gehalten.
Und auch die Kombination bekannter Stilelemente (Designklassiker, Vintagestücke und Eigenentwürfe) mit, in diesem Zusammenhang, überraschenden Einflüssen (Neo-Landhaus mit amerikanischem Touch) trägt dazu bei, sich sofort zu identifizieren und heimisch zu fühlen. Denn man kennt den Anblick ungewöhnlicher Möbelzusammenführungen von zu Hause und die Mischung von Alt und Neu ist einem vertraut.
Vintagemöbel
Unermüdlich und mit viel Sinn für die richtige Zusammenstellung wurden Möbel, Leuchten und Vintage-Geschirr auf -analogen wie digitalen- Floh- und Antikmärkten, von der Architektin eigenhändig zusammengetragen und arrangiert.
Detailreiche Maßarbeit
Für DIY-Fans gibt es außerdem kreative Anregungen, wie die Nachttische, die -einfach, aber wirkungsvoll- aus einer lackierten Holzkiste mit Stoffbezogener Rückwand und Beinen gefertigt wurden.
Küchenzeilen, Badmöbel und andere Einbauten sind in Zusammenarbeit mit dem Architekten Kim Wang geplant worden und weisen interessante Details auf, wie asymmetrische Schubladen-Öffnungen oder eine Stahlkante als Abschluss der Küchenarbeitsplatte im Apartment von Leo Sommer.
Dabei schafft das Gorki zu jeder Zeit die Gradwanderung zwischen persönlicher Einrichtung und damit bewusstem Vermitteln von Geborgenheit und trotzdem so reduziert gehaltenen Apartments, dass genug Raum bleibt für Projektionen und ein Stück eigene Persönlichkeit.
Die Penthouses
Die zwei 185-200 qm großen Penthouses, mit Dachterrassen im Vorder- und Hinterhaus gelegen, gestaltete die gebürtige Französin Sandra Pauquet mit Unterstützung der Pariser Stylistin Isabelle Baudry. In den Loft-ähnlichen Etablissements kommt die französische Handschrift stärker zum Vorschein und beindruckt mit großen Gesten, wie z. B. einer Pendelleuchte im Wohnbereich des Penthouses 2, die mich spontan an die Haute Couture der französischen Hauptstadt denken lässt.
Der Direktor
Später, im gleichnamigen Quasi-Haus-Café Gorki, bei meinem Kurzinterview mit dem Hotelleiter, finde ich es wieder spannend zu sehen, auf was für verschlungenen Wegen und über wieviele Zufälle manch einer zum Ziel kommt.
So z.B. auch bei Peter Ehrlich, den sein Weg über die Schauspielerei, verschiedene längere Auslandsaufenthalte und einen Businessplan für ein eigenes kleines Hotel zum Gorki geführt haben.
Er erzählt von der Herausforderung als Quereinsteiger plötzlich die Verantwortung für 34 Apartments, zwei Penthouses und deren Ausstattung zu haben, sich parallel um CI, neue Mitarbeiter und Arbeitsabläufe kümmern zu müssen und den vielen Nächten der ersten Zeit, in denen er immer wieder aufwachte, um sich Notizen von plötzlichen Eingebungen zu machen. Bei seiner Zusammenarbeit mit den Kreativen, wie z.B. der Graphikerin Michaela Binder, entdeckte er das Moodboard -eine Art 'Stimmungscollage'- als sein Medium für die Visualisierung seiner gestalterischen Ideen und verbrachte Stunden damit Zeitungsschnipsel, Materialien und Fundstücke zu einem runden Ganzen zu fügen.
Aber es hat sich gelohnt: Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Sei es das prägnante Logo mit dem Schnauzer, das sich nicht nur auf Karten und Briefkopf wieder findet, sondern auch auf Jutebeuteln und anderen Design-Kreationen, die in Zusammenarbeit mit wechselnden Designer entstehen, sei es der gestaltete Innenhof mit seinen verschiedenen Bereichen oder auch die wunderbaren Apartmentnamen, die er sich ausgedacht hat.
Vielversprechend klingt auch die Ankündigung der verschiedenen, zukünftig geplanten Projekte mit Künstlern und Filmemachern. Der erste Kurzfilm, gedreht im Gorki, ist demnach bereits fertig und wird demnächst auf der Gorki facebook-Seite vorgestellt.
"Am Ende sollte aber die Hauptrolle die Stadt Berlin spielen und nicht die Unterkunft" stellt Peter Ehrlich abschließend bescheiden fest. Und auch wenn der gelernte Schauspieler weiß wovon er spricht, bin ich nicht sicher, ob dieses Ziel gelingt, denn dafür sind die Apartments einfach zu schön geworden!
10 Fragen - 10 Antworten
an den Direktor des Apartmenthotel Gorki, Peter Ehrlich:
1. Was treibt Dich an?
Die Lust am Aufbau und Umsetzen von Ideen; das Verwirklicht-sehen-wollen von bestimmten Ideen, die im Kopf entstanden sind, das treibt mich glaube ich an. Ideen umzusetzen und das im besten Falle noch erfolgreich und dann zu sehen, wie es sich weiter entwickelt, wie Zusammenarbeiten entstehen, zu merken, da kommt etwas zurück oder verändert sich plötzlich, schlägt auf einmal eine ganz andere Richtung ein, die auch spannend ist und verändert sich damit zu etwas völlig neuem - das treibt mich an.
2. Warum Berlin, warum Mitte?
Berlin, weil ich hier studiert und lange gearbeitet und gelebt habe und Mitte, weil mir das Haus in dieser Lage glücklicherweise angeboten wurde. Ich lebe selbst hier seit Jahren, wohne fußläufig vom Gorki nur drei Minuten entfernt. Das ist mein Kiez und ich mag ihn sehr. Ich mag die Mischung, die man auf der einen Seite vorfindet und ich mag auch die Veränderung, die hier laufend stattfindet.
3. Kleinste Schwäche?
Mein Perfektionismus und Hang zum Selbstkritischen lässt mich oft rast- und ruhelos sein und führt dazu, dass sich selten ein Gefühl von Zufriedenheit einstellt.
4. Größte Stärke?
Das Selbstkritische in mir ist gleichzeitig aber auch meine größte Stärke, weil es mich antreibt und nach vorne gehen lässt.
5. Klodeckel Schwarz oder weiß?
Weiß
6. Raufaser oder Putz?
Putz, Putz, Putz!!!
7. Farbige Raumwände oder alles weiß?
Bis auf eine schwarze Tafellackwand in der Küche ist bei mir alles weiß.
8. Wonach sind die Bücher sortiert?
Nicht nach Farbe [lacht]
9. Lieblingsmaterial- oder Farbkombination?
Meine Lieblingsfarbe ist zur Zeit ein Taubenblaugrau
10. Nächstes Projekt?
Gorki Apartments!